Aus dem
Inhalt:
- Hans-Georg Möller: Einleitung (Zusammenfassung)
- Hans-Georg Möller: Verführte Vögel, verschwundene Maler und vernichtetes Fett: Über Kunstlegenden und
Zeichenparadigmen in China und Europa (Zusammenfassung)
- Rolf Trauzettel: Der Schatten in chinesischer Kunst, Literatur und Philosophie: Leeres Zeichen und Zeichen der
Leere (Zusammenfassung)
- Michael Lackner: Was Millionen Wörter nicht sagen können: Diagramme zur Visualisierung klassischer Texte im China
des 13. und 14. Jahrhunderts (Zusammenfassung)
- Literaturbericht
You-Zheng Li: Semiotik im China des
20. Jahrhunderts (Zusammenfassung)
- Einlage
Jari Grosse-Ruyken:
Werbung in China (Zusammenfassung)
Zusammenfassung: HANS-GEORG MÖLLER (Universität Bonn), EINLEITUNG: CHINESISCHE ZEICHENKONZEPTIONEN. Die
Sinologie als Wissenschaft ohne spezifische Methodik ist auf die Methoden
anderer Disziplinen angewiesen. Gerade die Semiotik kommt der Sinologie
entgegen, weil sie für viele verschiedene kulturelle und soziale Themenbereiche
offen ist. Außerdem ermöglicht es ihr theoretisches Abstraktionsniveau, über
herkömmliche dokumentarische und deskriptive Darstellungsformen hinauszukommen.
Umgekehrt kann China als ausgeprägte „Zeichenkultur" und als Land mit einer neu
entstehenden, eigenständigen Semiotik für die „westliche" Semiotik ein
interessantes Forschungsfeld bieten. Eine auf China bezogene Kultur-Semiotik
kann in Anlehnung an einen Forschungsansatz von Niklas Luhmann Zusammenhänge
zwischen Zeichen- und Sozialstrukturen aufdecken. Spezifisch chinesische
Zeichenkonzeptionen sprechen dem leeren Zeichen einen besonderen Rang zu,
konstruieren eine Semiotik der Präsenz und fassen bestimmte Zeichen als
„Offenbarungen" auf. Spezifische Semantiken in China verstehen die Kunst weniger
vom Werk als vom Vollzug her und nehmen den Schatten weniger als Schlagschatten
und mehr als Schattenseite im Gegensatz zur Sonnenseite
wahr.
Zusammenfassung: HANS-GEORG
MÖLLER (Universität Bonn), Verführte
Vögel, verschwundene Maler und vernichtetes Fett: Über Kunstlegenden und
Zeichenparadigmen in China und Europa. Durch die Analyse dreier
Legenden über Kunstwerke – einer aus dem alten China, einer aus dem alten und
einer aus dem gegenwärtigen Europa – sollen Leitvorstellungen über Zeichen in
verschiedenen Kulturen miteinander verglichen werden. Dabei werden die komplexen
Erzählungen jeweils auf einfache semiotische Strukturen reduziert. Die erste
Struktur, die im alten China präsent war, wird als Struktur der Präsenz
bezeichnet, da sie auf der gleichwertigen Präsenz von Signifikant und Signifikat
beruht. Die für das alte Europa wichtige Struktur der Repräsentation beruht
demgegenüber auf einem Bruch zwischen dem präsenten Signifikat und dem es „nur"
repräsentierenden Signifikanten. Eine dritte Struktur schließlich, die in der
gegenwärtigen „postmodernen" Zeit offenbar populär ist, siedelt sowohl
Signifikat als auch Signifikant jenseits jeder Präsenz an. Sie kann als Schema
der Signifikanz bezeichnet werden.
Zusammenfassung: ROLF TRAUZETTEL (Universität Bonn), Der Schatten in
chinesischer Kunst, Literatur und Philosophie: Leeres Zeichen und Zeichen der
Leere. Dieser Essay geht aus von der verblüffenden Tatsache, dass in
der traditionellen chinesischen Malerei – abgesehen von einer bekannten Ausnahme
– nie der Schlagschatten dargestellt worden ist. Im ersten Teil wird dafür eine
Erklärung versucht. Anschließend wird gezeigt, dass das Phänomen des Schattens
in der Differenz von Schlagschatten und schattigem Ort in der Literatur und
Philosophie einen hohen Symbolwert gewonnen hat: als leeres Zeichen und als
Zeichen der Leere.
Zusammenfassung: MICHAEL LACKNER (Universität Göttingen), Was Millionen
Wörter nicht sagen können: Diagramme zur Visualisierung klassischer Texte im
China des 13. bis 14. Jahrhunderts. Der Aufsatz befasst sich mit
einer speziellen Sorte von Diagrammen, die zwischen dem Ende der Südlichen
Song-Zeit und dem Beginn der Yuan-Zeit unter anderem in der Schule von Jinhua
praktiziert wurden. Diese Form der nichtlinearen Analyse von Texten des
chinesischen Kanons vereint häufig semantische und syntaktische Aspekte der
Deutung. Mögliche Vorbilder der Diagramme werden vorgestellt und Beispiele für
die vielfältigen Vorteile diagrammatischer Textanalyse werden gegeben.
Abschließend folgen einige Bemerkungen über Diagramme zu Texten in
komparatistischer Perspektive.
Zusammenfassung: YOU-ZHENG LI (Chinesische Akademie für
Gesellschaftswissenschaften, Beijing), Semiotik
im China des 20. Jahrhunderts. Seit etwa zwei Jahrzehnten entsteht in
China eine moderne Semiotik. Dabei kommt der Film-Semiotik eine Vorreiter-Rolle
zu. Die Einführung der Semiotik in China hatte einen paradigmatischen Charakter,
denn sie zog einen Wandel zum Pluralismus in der kultur- und
gesellschaftswissenschaftlichen Methodik nach sich. Die Semiotik in China ist
auf die Rezeption westlicher semiotischer Theorien gegründet, aber man versucht
mehr und mehr, diese Theorien mit der Analyse der eigenen Tradition zu
verbinden, so dass eine eigenständige chinesische Semiotik entwickelt werden
kann. Im Sinne einer Förderung der Kulturwissenschaften sowie einer
Internationalisierung der Semiotik ist ein erweiterter Austausch zwischen
chinesischer und westlicher – und gerade auch deutscher – Semiotik
wünschenswert.
Zusammenfassung: JARI GROSSE-RUYKEN (Universität Bonn), >Werbung in
China. Dieser Beitrag analysiert Anzeigen aus chinesischen Zeitungen hinsichtlich der in ihnen
verwendeten Kodes. Anhand von Beispielen wird gezeigt, dass auch in der
chinesischen Werbung eine Abwendung von westlichen Vorbildern stattfindet. Der
entstehende Leerraum wird gefüllt durch nicht sehr konkrete Vorstellungen von
nationaler Größe und chinesischer Tradition. Dies geschieht jedoch nicht mit
großer Konsequenz, und diesem Zwiespalt gilt besondere
Aufmerksamkeit.
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