Zeichen in der Archäologie
Herausgegeben von Dilyana Boteva
ZfS, Band 28, Heft 1/2006

ZfS, Band 28, Heft 1/2006
EUR 17,50
ISBN 978-3-86057-883-4


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Aus dem Inhalt:

  • Dilyana Boteva: Einleitung
  • Lambert Schneider: Zeichen, Spur, Gedächtnis: Der semiotische Blick und die Fachwissenschaft Archäologie (abstract/Zusammenfassung)
  • Raiko Krauß: Mitteilungen aus der Vergangenheit: Zum Zeichengehalt archäologischer Funde (abstract/Zusammenfassung)
  • Dilyana Boteva: Die Suche nach dem Kode der Weihereliefs einer schriftlosen Kultur (abstract/Zusammenfassung)
  • Armin Jähne: Zeichenprozesse in frühen Kulturen und ihre moderne Interpretation (abstract/Zusammenfassung)
  • Thomas Götzelt: Trümmer, Tropen, Traditionen: Zeichenformen in der Geschichte der Archäologie (abstract/Zusammenfassung)




Lambert Schneider, Zeichen, Spur, Gedächtnis: Der semiotische Blick und die Fachwissenschaft Archäologie
Summary.
Part 1 of the article traces relations between archaeology and the theoretical approaches of semiotics and communications research, structuralism, and constructivism. Discussing the concepts of “tradition“ and “memory“, the author establishes requirements which archaeology has to meet if it is to reconstruct past cultures. Part 2 then presents two applications of processual semiotics to ancient art (women in archaic Greek sculpture; Thracian imagery). It transpires that the structuralist analysis of pre-historic artifact systems can be highly productive when it is brought into connection with assumptions about the rituals in which the artifacts in question were used.
Zusammenfassung.
Untersucht werden zunächst die Beziehungen zwischen Archäologie und außerarchäologischen Theorieansätzen der Semiotik und Kommunikationsforschung sowie des Strukturalismus und Konstruktivismus. Aus der Gegenüberstellung von „Tradition“ und „Gedächtnis“ werden dann die Anforderungen entwickelt, die die Erforschung vergangener Kulturen an die Archäologie stellt. Schließlich wird anhand zweier Beispiele (archaischer Frauenstatuen und thrakischer Bildkunst) die Anwendung einer prozessual erweiterten Semiotik in der Archäologie vorgestellt. Dabei zeigt sich, wie aussagekräftig die strukturalistische Analyse prähistorischer Artefaktsysteme sein kann, wenn sie verknüpft wird mit Annahmen über die Rituale, in denen die betreffenden Artefakte verwendet wurden.


Raiko Krauß, Mitteilungen aus der Vergangenheit: Zum Zeichengehalt archäologischer Funde

Summary.
This article discusses some semiotic aspects of the remnants of prehistoric cultures. It starts by analyzing individual artifacts, continues by studying finds in the context within which they were discovered, and then discusses the locations of archaeological sites within the landscape at large. The focus lies on the remnants of tombs and depositories, since they belong to intentionally designed sign systems.  The contribution ends with reflections on the processes of transformation which archaeological sites undergo after their excavation. It concludes that archaeological signs regarded within the context in which they were discovered convey more information than individual artifacts exhibited in museums. A consideration of the changing aims of archaeological research since the beginnings of the scientific study of antiquities leads to the claim that archaeological finds should be comprehensively documented along with the circumstances of their excavation and that the excavation sites should be kept intact permanently as archives of the past.
Zusammenfassung.
Der Aufsatz beschäftigt sich mit einigen semiotischen Aspekten der Hinterlassenschaften vorgeschichtlicher Kulturen. Dabei werden zunächst einzelne Artefakte, dann Funde in ihrem Auffindungskontext und schließlich die Lagebezogenheit von archäologischen Fundstellen in der Landschaft unter zeichentheoretischen Gesichtspunkten betrachtet. Einen Schwerpunkt bildet die Diskussion von Grab- und Depotfunden wegen ihrer Zugehörigkeit zu intentional angelegten Zeichensystemen. Abschließend werden die Transformationsprozesse beleuchtet, die der Archäologe nach der Freilegung von Bodenfunden auslöst. Die Untersuchung stellt klar den höheren Zeichengehalt von Funden in ihrem ursprünglichen Auffindungskontext gegenüber vereinzelten Artefakten heraus. Aus der Beobachtung des Wandels in der Zielsetzung archäologischer Forschungen vom Beginn der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Altertümern bis heute lässt sich über eine möglichst umfassende Dokumentation der Funde bei Ausgrabungen hinaus die Forderung nach der Bewahrung der Unversehrtheit von Fundstätten als Archiven der Vergangenheit ableiten.


Dilyana Boteva, Die Suche nach dem Kode der Weihereliefs einer schriftlosen Kultur
Summary.
This article discusses the contribution which a semiotic analysis of archaeological finds can provide in the reconstruction of the codes of an ancient or foreign oral culture. The author presents some Thracian votive reliefs, the data on which was gathered in a PC database in order to facilitate computer-aided processing. The focus lies on three factors: the sender of the message (dedicator of the votive relief), the message itself, and its addressees. The article argues that votive reliefs of the Thracian Rider are messages which were produced within the framework of a specific cultural sign system and can only be understood with respect to it. Their analysis from the perspectives of syntactics, semantics, and pragmatics provides valuable insights into the character of the most popular Thracian cult.
Zusammenfassung.
Der Aufsatz diskutiert den Beitrag, den die semiotische Analyse archäologischer Funde zur Rekonstruktion der Kodes einer alten oder fremden schriftlosen Kultur leisten kann. Es geht um einige thrakische Weihereliefs, deren Daten in eine PC-Datenbank eingegeben wurden, um die Unterstützung durch einen Computer zu ermöglichen. Drei Faktoren werden herausgestellt: der Sender der Botschaft (also der Stifter des Weihereliefs), die eigentliche Botschaft und die Adressaten der Botschaft. Der Aufsatz argumentiert, dass die Weihereliefs des Thrakischen Reiters Botschaften sind, die im Rahmen eines kulturellen Zeichensystems geschaffen worden sind und nur in diesem Rahmen verstanden werden können. Er zeigt, wie ihre Analyse aus der Perspektive der Syntaktik, Semantik und Pragmatik wesentliche Erkenntnisse über den Charakter des populärsten thrakischen Kults liefern.


Armin Jähne, Zeichenprozesse in frühen Kulturen und ihre moderne Interpretation
Summary.
Based on the semiotics of sign reception, the article starts with a discussion of indications and images used to express the conventional perceptions of war and peace in Ancient Greece. These signs were transmitted and have remained understandable for millennia; they reached their culmination point in the peace-dove symbol created by Picasso in the 1950s and ’60s. Part two deals with other conventional signs and sign processes connecting prehistoric oral cultures with our times. Analyzed are stone artifacts and their development from the primitive chopper to the polished Neolithic axe. These artifacts can be read as texts of the appropriate culture which permit inferences on the state of civilization reached by the society in question. Part three analyzes the sign processes involved in the utilization of four ceremonial axes from the Bronze Age, Trojan treasure L. A distinction is made between three   types of semioses, which include two prehistoric ways of dealing with these artifacts as well as the behavior of modern archaeologists who study them systematically with the aim of reconstructing the material, social and mental circumstances of their cultural existence.
Zusammenfassung.
Im ersten Teil wird von einem lektüresemiotischen Ansatz aus vornehmlich über jene Anzeichen und Bilder gesprochen, in denen sich in der griechischen Antike die konventionelle Wahrnehmung von Krieg und Frieden ausdrückte. Sie haben, weil über die Jahrtausende hin tradiert und verständlich geblieben, ihre Gültigkeit bis heute nicht verloren und gipfelten in den 1950er/1960er Jahren im Symbol der von Picasso geschaffenen Friedenstaube. Im zweiten Teil geht es um das Verständnis anderer konventioneller Zeichen und Zeichenprozesse aus prähistorischer, schriftloser Zeit, vor allem um steinerne Artefakte: vom primitiven Faustkeil bis zur geschliffenen neolithischen Steinaxt, die als Texte der ihnen gemäßen Kultur gelesen werden und den jeweils erreichten Zivilisationsgrad steinzeitlicher Gesellschaften (Gemeinwesen) erkennen lassen. Im dritten Teil stehen die vier Prunk- oder Zeremonialäxte aus dem bronzezeitlichen trojanischen Schatz L und die an sie gebundenen Semiosen exemplarisch im Vordergrund. Unterschieden werden dabei ein ursprünglich primärer und sekundärer historischer Semiosetyp und ein moderner archäologischer, auf deren Basis diese Artefakte systematisch mit dem Ziel untersucht werden, über sie hinausgehende materiale, soziale und mentale Sachverhalte zu erschließen.


Thomas Götzelt, Trümmer, Tropen, Traditionen: Zeichenformen in der Geschichte der Archäologie

Summary.
The few research reports, which trace the reception of semiotics within archaeology, all diagnose a lack of theory-guided reflexion about the signs and sign processes that occur in archaeology. One may try to explain this deficiency with the  wide-spread doubts about the interpretability and explicability of prehistoric signs after the loss of their original context of use.  The present contribution, however, proposes an alternative explanation:  It links the lack of theoretical considerations with the specific epistemological perspectives in the leading research paradigms utilized in archaeology, from its Classical and Romantic beginnings to modern functional differentiation.
Zusammenfassung.
Die wenigen Forschungsberichte, die der Rezeption der Semiotik in der Archäologie nachgehen, stellen übereinstimmend ein Defizit an abstrakter theoretischer Behandlung des Themas fest. Man mag den Grund in den üblichen Zweifeln daran sehen, ob nach dem Verlust des ursprünglichen Kontextes überhaupt prähistorische Zeichen noch gedeutet oder erklärt werden können. Dieser Beitrag schlägt stattdessen vor, das Fehlen von Reflexionen den erkenntnistheoretischen Vorbedingungen der archäologischen Paradigmen zuzurechnen, und zieht dabei eine Argumentationslinie von den klassisch-romantischen Anfängen bis in die funktional differenzierte Moderne.


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Letzte Änderung: 26.11.2016 10:12:00

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