Aus dem Inhalt
Aus dem
Inhalt:
Einlage
Diskussion
Alexander Grau:
Bilder des Geistes: Zum semiotischen Status bildgebender Verfahren (abstract/
Zusammenfassung)
Literaturbericht
Martial Pasquier
und Ute Werner: Zeichentheorie und BWL: Zur Anwendung semiotischer Erkenntnisse
im wirtschaftlichen Diskurs (abstract/
Zusammenfassung)
Erhebung
Anne Sauer:
Semiotisch relevante Lehre an den Hochschulen Deutschlands, Österreichs und der
Schweiz
Nachruf
Martin Krampen. In
memoriam Thure von Uexküll (1908–2004)
Veranstaltungen;
Veranstaltungskalender; 11. Internationaler Kongress der DGS; Nachrichten aus
der SGS/ASS; Vorschau auf den Thementeil der nächsten Hefte.
Patricia Fry, Bodenbeurteilung
zwischen Praxis und Wissenschaft
Summary.
Farmers and soil scientists assess soil properties in very different ways
depending on the aims and methods of their work. The processes of assessing soil,
however, show similar characteristic elements: Momentary, comparative and
contextual perception on the one hand, and unintended perception and intentional
observation or analysis on the other hand. These similarities are explained as
parts of a semiotic process of sign recognition. The examples of signs discussed
here belong to the type of indexes. These are often not recognized as signs
because they seem to result directly from the context. Experts have the
impression that the signs themselves stand for particular meanings. However,
sign users with their experience see themselves as parts of the recognition
process. Nevertheless, the relation between a single observation and its meaning
is achieved by the sign user.
Zusammenfassung.
Die Bodenbeurteilung durch Landwirte und durch Bodenwissenschaftler
unterscheidet sich von der Zielsetzung und von der Methodik her beträchtlich.
Bei den Beurteilungsprozessen selber sind jedoch ähnliche charakteristische
Elemente auszumachen, nämlich die momentane, die vergleichende und die
kontextuelle Wahrnehmung einerseits, sowie die unbeabsichtigte Wahrnehmung und
die absichtliche Beobachtung beziehungsweise Analyse andererseits. Diese Ähnlichkeiten
sind bedingt durch den semiotischen Prozess der Zeichenerkennung. Die
besprochenen Beispiele entsprechen dem indexikalen Typ von Zeichen. Diese werden
von Zeichenbenutzern häufig nicht als Zeichen wahrgenommen, weil sie sich aus
den Zusammenhängen einer Situation ohne Absicht ergeben. Fachkundige erleben es
so, dass die Zeichen von sich aus für etwas Bestimmtes stehen. Der
Zeichenbenutzer erlebt sich mit seiner Erfahrung aber als Teil des
Zeichenerkennungsprozesses. Trotzdem wird die Beziehung zwischen der einzelnen
Beobachtung und ihrer Bedeutung vom Zeichenbenutzer hergestellt.
Hans
Rudolf Straub, Diagnosekodierung
als Interpretation sprachlicher Zeichen
Summary. The ICD
(International Classification of Diseases) is globally used in the coding of
medical diagnoses. A computer system that could automatically relate every
possible diagnosis text to the corresponding code would be very useful. The
difficulties in achieving this goal are not caused by the absolute number of
codes (>15000), but by the high variability of formulation in the text and
the complexity of the underlying medical semantics. To attain the goal, we first
must distinguish strictly between words (signifiers) and concepts (signifieds).
On the side of the concepts, we must interweave different hierarchical trees,
the weaving design being a critical aspect of the semantic representation. The
structure of the ICD itself reflects a typical dialectic tension: On the one
hand, the full richness and variability of real life should be captured, and on
the other hand, the ICD as a standard should be uniform, simple, and
unchangeable. The method that we use (concept molecules) allows us to relate the
correct ICD codes automatically to diagnoses formulated in natural language.
Zusammenfassung.
Die ICD (International Classification of Diseases) wird weltweit angewendet, um
Diagnosen zu verschlüsseln. Ideal wäre ein System, das jeder möglichen
Textformulierung automatisch den entsprechenden Kode zuordnet. Das Problem liegt
dabei nicht in der Anzahl der Kodes (>15000), sondern in der Vielfalt der
Textformulierungen und der komplexen medizinischen Semantik. Zur Bewältigung
der Aufgabe muss klar zwischen Wörtern (Signifikanten) und Begriffen (Signifikaten)
unterschieden werden. Auf der Begriffsseite müssen unterschiedliche Hierarchiebäume
miteinander verwoben werden, wobei das Webmuster selber ein wesentlicher Teil
der semantischen Darstellung ist. Die ICD-Einteilung der Diagnosen steht als
Standard in einem dialektischen Spannungsfeld: Einerseits soll die gesamte
Vielfalt und Dynamik des realen Lebens abgebildet werden, andererseits soll der
Standard eine Norm sein, die einheitlich, einfach und unveränderlich ist. Die
von uns eingesetzte Methode (Begriffsmoleküle) ermöglicht es, frei formulierte
Diagnosen automatisiert zu kodieren.
Josef
Ingenerf, Typen begrifflicher
Ordnungssysteme in der Medizin
Summary.
In medicine, systematic documentation of data and knowledge is a prerequisite
for nearly all aspects of patient care and clinical research. For various
purposes data and knowledge have to be represented in order to enable
interpretation, analysis, aggregation, and presentation. As medical concepts are
quantitatively and qualitatively complex, and as there are problems involved in
the utilization of both natural and medical language (e.g., synonymy, ambiguity),
the importance of standardization of medical terminology has become increasingly
important in this field, especially for computer-supported processing of medical
data like information retrieval, data-based decision support, communication of
data, and statistical evaluations. This paper deals with classifications of
diagnoses as basic entities in medicine. Essentially, they make use of
hierarchical concept relations such as “Diabetic Retinopathy is an Eye
Disease”. The occurrence of this relation can be deduced from left to right on
the basis of appropriate conceptual knowledge (e.g., retina is part of eye).
It can, however, also be established by inference from right to left on the
basis of the most relevant and frequent eye diseases statistically evaluated
within a disjunct and exhaustive case classification. This leads to two types of
conceptual ordering: On the one hand, a classification of concept sets based on
intensions which permit the formal definition of concepts and the inference of
conceptual knowledge on the basis of appropriate logical calculi; on the other
hand, a statistically evaluated classification of object sets based on a
disjunct and exhaustive subdivision of cases on several hierarchical levels.
Since it is possible to aggregate intensionally represented concepts or at least
to map them to statistically evaluated object classifications, an interesting
question arises, which is being discussed controversially in medical informatics:
Can statistically evaluated classifications, which are characterized by a number
of disadvantages, be replaced without loss in efficiency by formal concept
systems?
Zusammenfassung.
Die medizinische Disziplin ist für nahezu alle Aspekte der Patientenversorgung
sowie der klinischen Forschung angewiesen auf eine systematische Dokumentation
von Daten und Wissen. Für verschiedenste Zwecke werden diese repräsentiert und
mit geeigneten Methoden interpretiert, analysiert, verdichtet und präsentiert.
Aufgrund der quantitativen und qualitativen Komplexität medizinischer Begriffe
sowie der inhärenten Schwierigkeiten der natürlichen oder medizinischen
Sprache (wie Synonymie, Kontextabhängigkeit) spielt die Standardisierung
medizinischer Terminologie eine zunehmend wichtige Rolle im Fachgebiet. Das gilt
insbesondere für eine gewünschte rechnergestützte Verarbeitung medizinischer
Daten, unter anderem für Suchanfragen, datengestützte Entscheidungsunterstützung,
Kommunikation von Daten sowie statistische Auswertungen. Für Diagnosen wird in
diesem Beitrag aufgezeigt, welche Rolle in diesem Zusammenhang Begriffssysteme
spielen. Diese stützten sich im Wesentlichen auf hierarchische
Begriffsrelationen wie „Diabetische Retinopathie ist eine Augenkrankheit“.
Diese Elementarrelation lässt sich einerseits von links nach rechts über
geeignetes Begriffswissen deduzieren (etwa „Retina ist Teil von Auge“).
Oder aber man gelangt von rechts nach links über die Unterteilung der für eine
Anwendung relevanten und häufigen Augenkrankheiten zu einer möglichst
disjunkten und vollständigen Klassifikation statistisch auszuwertender
Behandlungsfälle. Diese Betrachtung führt zu zwei Typen begrifflicher
Ordnungssysteme, die sich in komplizierter Weise gegenseitig bedingen: erstens
auf Begriffsintensionen beruhende Klassifikationen von Begriffsmengen, die
mittels spezieller Logikkalküle das formale Definieren von Begriffen erlauben
und daraus folgendes Begriffswissen deduzieren; zweitens existieren auf
Begriffextensionen beruhende statistisch orientierte Klassifikationen von
Objektmengen, in denen es um eine disjunkte und vollständige Unterteilung von
Klassen auf mehreren Hierarchiestufen geht. Es stellt sich eine aktuell in der
Medizinischen Informatik sehr kontrovers diskutierte Frage: Kann auf statistisch
orientierte Klassifikationen wegen ihrer Nachteile verzichtet werden, da sich
intensional repräsentierte Begriffe ebenfalls aggregieren oder zumindest in gewünschte
statistisch orientierte Klassifikationen abbilden lassen?
Johannes
Fehr, Wie Zeichen sprechen
Summary.
In a close reading of Guy de Maupassant’s story “Le signe“ the relation
between signs and the persons involved in the process of sign exchange is
examined. The reading highlights the influence of this relation on what is
happening in Maupassant’s story. The sign conception resulting in this study
is compared with the approach to Freudian slips developed in Sigmund Freud’s Psychopathology
of Everyday Life.
Zusammenfassung.
In einer Lektüre der Erzählung „Le signe“ von Guy de Maupassant wird
herausgearbeitet, wie sich das Verhältnis zwischen Zeichen und in
Zeichenprozesse involvierten Subjekten darstellt, und es wird danach gefragt,
wie sich dieses Verhältnis auf den Handlungsverlauf der Erzählung auswirkt. In
einem zweiten Schritt wird die in der Maupassant-Lektüre gewonnene
Zeichenkonzeption zur Auffassung sprachlicher Fehlleistungen in Beziehung
gesetzt, welche Sigmund Freuds Psychopathologie des Alltagslebens zugrunde
liegt.
Daniel Hell, Nicht das Gehirn, sondern
der Mensch fühlt und denkt
Summary.
Mental disorders are mainly expressed by language. This symbolic way of
expression has to be distinguished from indexes and organic symptoms in somatic
medicine. If this distinction is not made in everyday psychiatry and
neuroscience studies, important problems of interpretation arise, which are
discussed here in detail.
Zusammenfassung.
Psychische Störungen werden von den Betroffenen in erster Linie sprachlich
ausgedrückt. Diese symbolische Ausdrucksweise sollte unterschieden werden von
indexikalischen Symptomen somatischer Art. Wenn diese Unterscheidung im
praktischen Alltag und in neurowissenschaftlichen Untersuchungen nicht getroffen
wird, ergeben sich gravierende Interpretationsprobleme, die hier im Einzelnen
diskutiert werden.
Georg Schönbächler, Die Krankheit im
Spiegel
Summary.
A single symptom can be interpreted in many different ways. The article argues
for this thesis by means of a drawing of Albrecht Dürer (1471–1528). In this
drawing, the painter shows himself pointing at a place on the lateral abdomen as
the location of his pain. Unaware of the fact that a symptom is an indexical
sign, art historians and medical scholars have produced an abundance of
different diagnoses. The fact that each diagnosis itself is a sign process is
confirmed by an analysis of the structural relation between mirrors, reflections,
and interpretations.
Zusammenfassung.
Ein einzelnes Symptom ist immer für jede mögliche Interpretation offen. Diese
These wird anhand einer Zeichnung von Albrecht Dürer (1471–1528) vertreten.
Auf der Zeichnung zeigt er mit dem Finger auf eine Stelle am seitlichen
Oberbauch und bezeichnet sie als den Ort seiner Schmerzen. In der
kunsthistorischen und medizinischen Literatur findet sich eine Vielzahl
unterschiedlicher Diagnosen zum abgebildeten Symptom. Die Verkennung der
Tatsache, dass es sich bei einem Symptom um ein indexikalisches Zeichen handelt,
führt zu dieser interpretatorischen Überfülle. Ein Exkurs über Spiegel und
Spiegelbild zeigt zudem die strukturelle Verwandtschaft von Reflexion und
Interpretation und untermauert die Konklusion, dass es sich bei jeder Diagnose
um einen Zeichenprozess handelt.
Pirmin Meier, Naturbeobachtung und
Mythologie als Grundlagen ganzheitlicher Diagnostik und Therapie bei Theophrast
von Hohenheim (Paracelsus)
Summary. Theophrastus von Hohenheim, called Paracelsus, was born in Einsiedeln (Switzerland)
in 1493 and died in Salzburg in 1541. As
a doctor and prophet (Arzt und Prophet is the title of a book on
Paracelsus by Pirmin Meier) he was involved in interpreting signs throughout his
life, although did not yet distinguish properly between the perception and
interpretation of phenomena. The present essay illustrates this by discussing
Paracelsus’ view of the rainbow, by delving into his practice of medicine and
magic, and by examining his theory on ulcers. Paracelsus sees the rainbow not
only from a scientific, but also from a prophetic (in a biblical sense) point of
view. Apart from its meteorological importance, the rainbow is significant for
his theory of color. In contrast to Roger Bacon and Isaac Newton, Palacelsus
interprets the formation of a rainbow as a chemical process, in which mysterious
powers, “heavenly lares and penates”, have a hand. As a medical man,
Paracelsus does not hesitate to take recourse to magic, such as writing the
letters ACFC on a scrap of paper for exorcism. Paracelsus’ descriptions of
ulcers, cancer, haemorrhoids, and numerous skin diseases are good examples of
medical semiotics. His descriptions follow the classical pattern of antiquity:
from rubor (‘reddening’), dolor (‘pain’), calor (‘heat’),
to tumor (‘swelling’). This theory of skin diseases was later
replaced by the theory of efflorescences developed by J.J. Plenck (1745–1821),
which J. Darier called „the ABC of the skin” in 1909. Paracelsus’ lectures
in Basel are taken to be a naïve, rather Gothic attempt at such an ABC of the
skin.
Zusammenfassung.
Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, geboren in 1493 in
Einsiedeln (Schweiz), gestorben 1541 in Salzburg, hat als „Arzt und Prophet“
(Buchtitel von Pirmin Meier) sein Leben lang Zeichen gedeutet. Dabei war
Paracelsus jedoch noch kaum fähig, in der Betrachtung eines Phänomens
Wahrnehmung und Deutung zu trennen. Der Aufsatz zeigt das am Beispiel des
Regenbogens, der magisch-medizinischen Praxis und der Lehre von den Geschwüren.
Der Regenbogen wird bei Paracelsus nicht nur naturwissenschaftlich, sondern auch
prophetisch (im Sinne der Bibel) betrachtet. „Naturwissenschaftlich“ kommt
ihm einerseits eine meteorologische Bedeutung zu, andererseits wird diese
Naturerscheinung für die Lehre von den Farben wichtig. Im Gegensatz zu Roger
Bacon und Isaac Newton hält Paracelsus die Bildung des Regenbogens für einen
chemischen Vorgang, bei dem geheimnisvolle Naturkräfte, „Penaten am
Himmel“, eine Rolle spielen. Als Arzt schreckt Paracelsus nicht vor magischen
Praktiken zurück, zum Beispiel der Beschwörung mit den Buchstaben ACFC, die
auf ein Zettelchen geschrieben werden. Ein Stück medizinischer Semiotik stellen
die von Paracelsus vorgenommenen Beschreibungen der Geschwüre dar, z.B.
Magengeschwüre, Krebs, Hämorrhoiden und zahlreicher Hautkrankheiten. Die
Beschreibungen folgen einem antiken Schema, an dem „rubor“ (‚Rötung’),
„dolor“(‚Schmerz’), „calor“ (‚Erwärmung’)
und „tumor“ (‚Schwellung’) beteiligt sind. Diese Theorie der
Hautkrankheiten wurde später durch die Lehre von den Effloreszenzen von J.J.
Plenck (1745–1821) abgelöst. J. Darier nannte diese Lehre 1909 das
„Alphabet der Haut“. Die Basler Vorlesungen des Paracelsus bilden eine
naive, noch in gotischem Stil ausgeführte Vorstufe dieses Alphabets der Haut.
Alexander
Grau, Bilder des Geistes: Zur
Struktur funktioneller Bildgebungsverfahren
(PET
und fMRT)
Summary. Since the 1970s,
the technical development of functional brain imaging has made considerable
progress. Despite the high technical level of Positron Emission Tomography (PET)
and of functional Magnetic Resonance Imaging (fMRI), the related
epistemological and semiotical problems have hardly been adressed. This article
begins with a description of the technical basis of PET and fMRI. Then the
epistemological problems of these procedures and their semiotic structures are
outlined. The following hypotheses are brought up for discussion: The pictures
produced in functional brain imaging are symbols and are therefore subject to
specific semiotic problems. The semiotics of the procedures in question are
connotative. PET/fMRI-pictures do not denote the source of the signal (the brain),
but are exemplifying symbols giving room to a wide range of interpretations,
which stands in contrast to the implied lack of ambiguity. This is why this
technology is susceptible to nonscientific questions and interpretations – a
problem which has accompanied brain science ever since its inception.
Zusammenfassung.
Seit Mitte der 1970er Jahre macht die technische Entwicklung funktioneller
Bildgebungsverfahren rasante Fortschritte. Das technologische Niveau der
Positronenemissionstomographie (PET) und der funktionellen
Magnetresonanztomographie (fMRT) darf allerdings nicht den Blick darauf
verstellen, dass die wissenschaftstheoretischen und semiotischen Probleme dieser
Technologien noch kaum analysiert sind und eine Untersuchung der
erkenntnistheoretischen Implikationen noch aussteht. Im vorliegenden Beitrag
werden zunächst die technischen Grundlagen von PET und fMRT dargestellt. Darauf
aufbauend, werden die wissenschaftstheoretischen Probleme dieser Verfahren
skizziert und ihre semiotische Struktur umrissen. Dabei werden folgende
Hypothesen zur Diskussion gestellt: Die Aufnahmen bildgebender Verfahren sind
Symbole und daher mit deren spezifischen zeichentheoretischen Problemen
behaftet. Die Semiotik der geschilderten Verfahren erweist sich als konnotativ.
PET/fMRT-Bilder denotieren nicht die signalgebende Quelle (das Gehirn), sondern
eröffnen als exemplifizierende Symbole einen weiten Interpretationsraum, der im
Kontrast zur suggerierten Eindeutigkeit steht. Damit macht sich diese
Technologie anfällig für außerwissenschaftliche Fragestellungen und
Interpretationen und tradiert ein Problem, das die Hirnforschung von ihren Ursprüngen
bis in die Gegenwart begleitet.
Martial
Pasquier / Ute Werner, Zeichentheorie
und BWL: Zur Anwendung semioti-scher Erkenntnisse im wirtschaftlichen Diskurs
Summary.
Semiotics is hardly known in German business literature and management practice,
despite the fact that its methodological approaches to discourse analysis have
already been broadly absorbed by management theory in France and the United
States. The present contribution points out why the general echo of semiotic
theory and its numerous applications to business administration has remained
limited so far, especially when compared with its potential for describing and
explaining management problems. It is important, then, to show what the object
of semiotic research is, independent of any semiotic orientation or school. What
tools have been developed so far, and which discourses in business
administration were chosen to apply these tools? The problems limiting a broader
use of semiotic instruments in business administration are explained in detail,
and the research perspectives are illustrated.
Zusammenfassung.
Die in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre (BWL) noch wenig bekannte
Semiotik und die in ihrem Rahmen entwickelten methodologischen Ansätze zur
Analyse von Diskursen haben insbesondere in Frankreich und in den USA schon eine
weite Verbreitung gefunden. Das Echo, auf welches die Semiotik trifft, bleibt im
Vergleich zum Beitrag, den sie hinsichtlich der Beschreibung und Erklärung
betriebswirtschaftlicher Tatbestände leisten könnte, noch sehr beschränkt –
und dies, obwohl ihre grundsätzliche wissenschaftliche Leistungsfähigkeit
inzwischen an Hand zahlreicher Beispiele aus dem betriebswirtschaftlichen
Bereich belegt werden konnte. Es ist deshalb wichtig und interessant zu zeigen,
was der Forschungsgegenstand der Semiotik ist – und zwar unabhängig von den
verschiedenen Schulen der Semiotik. Welche Instrumente hat sie entwickelt? Auf
welche betriebswirtschaftlichen Diskurse sind diese Instrumente bereits
angewandt worden? Zum Schluss werden die Probleme dargestellt, die einen
breiteren Einsatz semiotischer Instrumente in der Betriebswirtschaftslehre
behindern und dabei auch die verschiedenen Forschungsrichtungen erläutert.
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